In den Wechseljahren hat etwa jede 3. Frau starke Beschwerden, die auf Hormonänderungen basieren. Typisch sind Hitzewallungen. Jedoch decken sich einige Symptome mit den Beschwerden rheumatischer Erkrankungen. Die Rheumatologische Fachassistenz (RFA) kann in ihren Gesprächen Unterschiede herausfiltern und Hinweise geben: Nimmt die Erkrankung an Fahrt auf oder spielen die Hormone verrückt? Holen Sie sich Tipps für die Gespräche von Dr. Regina Max, Rheumatologin aus Heidelberg. | |
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LILLY: Was passiert im Körper in den Wechseljahren?
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Dr. Max: Die Wechseljahre, das ist eine lange Zeitspanne. Sie beginnen etwa 5 bis 7 Jahre bevor Frauen mit gut 50 Jahren ihre letzte Regelblutung haben. Die Phase der Umstellung des Körpers ist mit der Menopause, der letzten Menstruation, auch nicht beendet. Wir gehen heute davon aus, dass sich die Hormonumstellung bis zum 70. Lebensjahr hinausziehen kann. In dieser Zeit kommt es zu diversen hormonellen Veränderungen: Östrogen, das Hormon, das u. a. die Eizellreifung steuert, wird in den Eierstöcken weniger ausgeschüttet. Es kommt immer seltener zu einem normalen Eisprung. Dadurch wird auch das Gelbkörperhormon (Progesteron) geringer. Das Verhältnis von Testosteron, Östrogen und Progesteron ändert sich über die Zeit, was unterschiedliche körperliche Auswirkungen haben kann. | |
LILLY: Wo sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der hormonellen Veränderung und Rheuma?
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Dr. Max: Es gibt wenig Literatur dazu, wie sich eine bereits bestehende rheumatoide Arthritis (RA) durch die Wechseljahre ändert. Sie tritt aber bei Frauen oft im Alter zwischen 45 und 64 Jahren erstmals auf und betrifft auch mehr Frauen als Männer. Da liegt schon der Verdacht nahe, dass die Hormone, bzw. die Veränderung der Verhältnisse der Hormone, mit dem Auftreten der RA in Zusammenhang stehen könnten. Wenn nun Patientinnen erstmals mit Gelenkbeschwerden in die Praxis kommen und in diesem Alter sind, ist es nötig herauszufinden, ob es sich um eine beginnende RA handelt oder ob die Beschwerden auf den Wechseljahren beruhen. Das Beschwerdebild deckt sich in Teilen. Typisch für die Wechseljahre sind im Grunde nur die Hitzewallungen. Die häufig ebenfalls in den Vordergund tretenden Gelenkbeschwerden können auch andere Ursachen haben. Darüber hinaus stellt sich bei Patientinnen mit bekannter RA die Frage, ob sich beispielsweise bei zunehmendem Schmerzempfinden ein Krankheitsschub abzeichnet oder hormonelle Veränderungen für die zusätzlichen Beschwerden verantwortlich sind. Das ist oft schwer abzugrenzen. Hier hilft es, wenn die RFA Verständnis für die Situation hat und in den Gesprächen sensibel auf das Thema Wechseljahre eingehen kann. | |
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Dr. Regina Max ist Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie. Sie ist gemeinsam mit 2 weiteren Fachärztinnen im Zentrum für Rheumatologie in der ATOS Klinik in Heidelberg tätig und bringt Erfahrung als Oberärztin des Universitätsklinikums Heidelberg, Sektion Rheumatologie, mit. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind neben dem gesamten Spektrum der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen die verschiedenen Formen der nicht-infektiösen entzündlichen Augenerkrankungen. Die Expertin engagiert sich für die RFA-Weiterbildung auf hohem Niveau. | |
LILLY: Abgesehen vom Schmerzempfinden: Welche Symptome können sich noch durch die Wechseljahre verändern?
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Dr. Max: Das ist eine ganze Bandbreite an Symptomen, die sowohl für die Wechseljahre als auch für rheumatische Erkrankungen sprechen. Frauenärzte bzw. -ärztinnen verwenden einen Menopausefragebogen (MRS II) um herauszubekommen, welche Veränderungen die Frauen durchmachen. Die darauf beschriebenen Symptome decken sich in Teilen mit Symptomen rheumatischer Erkrankungen. Abgefragt werden somatische, psychische und urogenitale Beschwerden. Das Problem für uns in der Rheumatologie ist, dass einige Patientinnen die Wechseljahre mit sehr negativen Gefühlen verknüpfen (älter werden, weniger attraktiv sein etc.). Sie sprechen nicht gerne darüber – ganz anders als in anderen Kulturen. Daher müssen wir ganz behutsam mit unseren Patientinnen umgehen, können sie häufig nicht direkt ansprechen und mit der Tür ins Haus fallen. | |
LILLY: Woran können die RFAs erkennen, ob die Beschwerden mit den Wechseljahren in Zusammenhang stehen?
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Dr. Max: Das ist manchmal schwer zu erkennen, aber nicht unmöglich. Wenn die Beschwerden klassisch beginnen, also mit symmetrischen Gelenkschwellungen und einer Erhöhung des C-reaktiven Proteins (CRP), dann spricht Vieles für eine rheumatische Erkrankung. Berichtet die Patientin eher über vermehrte Schmerzen und ein Gefühl der Steifigkeit der Gelenke, dann kann es Rheuma sein, muss aber nicht. Hier ist viel Detektivarbeit nötig. Und diese Unterscheidung ist wichtig, denn dosieren wir ein Medikament höher, obwohl Wechseljahresbeschwerden Auslöser der sich verschlechternden Symptomatik waren, kann dies zu mehr Nebenwirkungen ohne Effekt führen. | |
LILLY: Welche Tipps haben Sie für RFAs für den Umgang mit den Patientinnen in Bezug auf die Wechseljahre?
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Dr. Max: Ich rate dazu, das Thema nicht direkt anzusprechen, sondern über Wechseljahre ins Gespräch zu kommen, wann immer sich ein Anlass bietet. Im Rahmen von Schulungen oder Laboruntersuchungen in der Praxis ergibt sich meistens ein Weg. Manchmal geht es um die Kinder, die das Haus verlassen haben, um Freizeit oder Hobbys. Da lässt sich einhaken. Die Frauen erzählen dann, wo der Schuh drückt. Manchmal kommen sie mit ihrer neuen Rolle nicht zurecht. Manche erkennen nicht, dass ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat, der ganz positiv sein kann. Die RFA kann dazu beitragen, der Situation eine postive Note zu geben. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, ist z. B. ein Raum für Fitness frei. Bewegung ist ein wichtiges Thema für die Gelenke und die Psyche. Die Frauen sollten mitnehmen, dass jetzt die Zeit gekommen ist, sich einmal um sich selbst zu kümmern, sich mehr Beachtung zu schenken und etwas für sich zu tun – einfach mehr Achtsamkeit. Das setzt positive Energien frei und dämpft den Schmerz. Auch Ernährung kann ein Thema in diesem Moment sein. Oft nehmen Frauen in den Wechseljahren nochmal etwas an Gewicht zu und sind damit unzufrieden. Ernährung ist daher auch ein wichtiges Beratungsthema bei Rheuma.
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LILLY: Haben Sie konkrete Tipps, die RFAs an Patientinnen weitergeben können?
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Dr. Max: Ja, mir ist es ein Anliegen, dass Patientinnen ihre Informationen nicht aus dem Internet beziehen, sondern von uns erhalten. Im Internet sind viele Dinge nicht korrekt dargestellt. Die Patientinnen können das nicht überprüfen. RFAs können hingegen sehr gut Informationsmaterial zu verschiedenen Themen abgeben, das uns zur Verfügung gestellt wird. Bewegung, Ernährung, Entspannung – da gibt es sehr gute Broschüren, auch von LillyPlus. Im Gespräch kann man als RFA den Blick für die positiven Seiten der Wechseljahre öffnen, die neue Freiheit aufzeigen. Das eigene Leben fängt oft erst nach der Kindererziehung an. Ich arbeite auch gerne mit Humor, es gibt auch pfiffige Cartoons zum Thema Wechseljahre. Das lockert auf. Eine neue Ausstellung, eine Buchempfehlung – das kann den Unterschied machen. Diese kleinen Impulse können viel für die Patientinnen tun. | |
LILLY: Frau Dr. Max, wir danken Ihnen für dieses interessante Gespräch!
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Bildhinweise: © istock.com/Inside Creative House; © istock.com/piolka; © istock.com/absolutimages; Expertinnenfoto/Dr. Regina Max
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