Lilly LETTER #4 2024Lilly

 FORUM RHEUMANUM 

Praxiserfahrung: Akzeptanz stärken

Als Fachverband engagieren wir uns seit vielen Jahren dafür, die Rolle der Rheumatologischen Fachassistenz und der Medizinischen Fachangestellten (RFA/MFA) als Bindeglied zwischen ärztlicher Begleitung und Patientinnen bzw. Patienten zu stärken. Wir sind sehr gut ausgebildet und haben oft eine andere Gesprächsebene. Das gibt uns die Chance, manche Themen noch einmal zu vertiefen. Patricia Steffens-Korbanka, 2. Vorsitzende des Fachverbandes Rheumatologische Fachassistenz, setzt sich mit den Themen „Coping und Krankheitsakzeptanz“ auseinander und ermutigt im Interview dazu, die Therapiebegleitung aktiv anzugehen.

Liebe Frau Steffens-Korbanka, wie erleben Sie Coping und Krankheitsakzeptanz bei Menschen mit Rheuma?
Frau Steffens-Korbanka
Es ist ganz unterschiedlich, wie die Menschen mit ihrer Erkrankung umgehen. Die einen beispielsweise sind erleichtert, wenn sie endlich eine Diagnose haben und merken, wie es ihnen unter Behandlung besser geht. Andere erleben einen Zusammenbruch, wenn sie erfahren, dass sie eine chronische Krankheit haben, die sie ein Leben lang begleiten wird. Da sind wir gefordert, ihnen Mut zuzusprechen und den Glauben an die Behandlungsmöglichkeiten zu stärken. Wenn dann erste Therapien helfen, sehen die Menschen ein Licht am Ende des Tunnels und können wieder optimistischer nach vorne schauen. Und dann gibt es aber auch die Menschen, die ihre Erkrankung nicht ernst genug nehmen oder verdrängen.  

Was ist die Herausforderung gerade bei dem letztgenannten Patiententypus? 
Diese Menschen neigen dazu, die Therapie nicht so zu befolgen, wie es medizinisch sinnvoll ist. Wenn nach den ersten Wochen unter Medikation die Symptome zurückgehen, kommen manche in die Praxis und sagen: „Die Medikamente haben super gewirkt und ich habe jetzt gar nichts mehr. Können wir die Dosis wieder reduzieren oder vielleicht auch ganz absetzen?“ Unsere Verantwortung ist dann, den Menschen klar zu machen, wie wichtig es ist, die Therapie fortzusetzen. Wir dürfen den Patientinnen und Patienten keine Angst machen, aber schon sehr deutlich sagen: „Sie haben eine ernstzunehmende Erkrankung und wenn Sie jetzt die Medikation unterbrechen, kommen die Beschwerden wieder.“ Doch es gibt einige, denen es schwer fällt zu verstehen, dass die Krankheit wiederkommt. Ich sage dann immer: „Sie sind nicht gesund, aber sie sind gut therapiert. Dass es Ihnen so gut geht, liegt an der Therapie. Daher ist es wichtig, am Ball zu bleiben. Sonst ist die Chance sehr groß, dass die Beschwerden wieder von vorne losgehen“ 
Wie lassen sich diese Patientinnen und Patienten im Gespräch mitnehmen und überzeugen, ihre Krankheit „ernst zu nehmen“? 
Letztendlich mit gutem medizinischen Wissen zu Indikationen sowie Therapien. Dafür sind wir ausgebildet und hier können wir unsere Erfahrung einbringen. Es hilft, sich die Zeit zu nehmen und die Autoimmunerkrankung zu erklären, was das für die Betroffenen bedeutet, wo Ursachen liegen, wie sie über das Immunsystem gesteuert wird usw. Wir sollten mit fundiertem Wissen den Patientinnen und Patienten klar machen, womit sie es zu tun haben und dass es kein simpler Schnupfen ist. 
Was ist, wenn jemand skeptisch ist oder aus Angst (ggf. vor Nebenwirkungen) die Therapie nicht nach Vorschrift befolgen möchte. Welchen Umgang empfehlen Sie? 
Auch hier gilt wieder: Wissen ist Macht. Wenn ich zum Beispiel erfahre, dass ein Patient eine Therapie nicht wie abgesprochen begonnen hat, dann bitten wir ihn noch einmal zu einem Gespräch in die Praxis. Wir ermutigen dazu, auch eine Freundin, einen Freund oder ein Familienmitglied mitzubringen und alle Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern. Er soll ruhig alle Informationsquellen mitbringen, die ihn skeptisch gemacht haben. Dann wünsche ich mir in diesem Gespräch, ihm mit fachlichen, seriösen Informationen die Ängste nehmen zu können. Ich betone auch, dass er jederzeit mit uns sprechen kann, wenn eine Therapie nicht funktioniert, und dass es immer noch weitere Möglichkeiten gibt. Mir ist es wichtig, den Patienten in seiner Rolle und in seiner Persönlichkeit einfach anzunehmen. Es ist manchmal viel Mühe, doch die ist es wert. Denn jeder Mensch, den ich damit gewinne, ist für mich ein Riesengeschenk!  
Welche Rolle spielen die im Internet und über Social Media verfügbaren Informationen? Wie begegnen Sie solchem „Halbwissen“? 
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen Informationen von den verschiedensten Social Media Plattformen unreflektiert für bare Münze halten. Wenn möglich, schaue ich mir die Infos selbst an und dann kann ich mit meinem Wissen und meiner Erfahrung die Inhalte richtig einordnen. Dafür ist es umso wichtiger, dass wir RFAs/MFAs uns regelmäßig fortbilden, Kongresse besuchen und uns stets aktuell halten.  

Ich darf nicht einfach nur sagen: „Das ist nicht so.“ Sachlich fundierte Informationen sind der Schlüssel und ich sollte immer auf einer professionellen Ebene bleiben. Das heißt auch anzunehmen, wenn ich jemanden gar nicht überzeugen kann. Das gibt es. Das muss ich dann im Raum stehen lassen und es darf nicht bedeuten, dass ich diejenige oder denjenigen schlechter behandle. Es gibt natürlich auch viele tolle Informationen in den sozialen Netzwerken, z. B. als Austauschplattform von Betroffenen oder auch rheumatologisch betreute Kanäle.  
Nicht alle Menschen gehen offen damit um, wenn sie die Therapie nicht oder nicht wie vorgesehen eingehalten haben. Haben Sie Tipps, woran sich das erkennen lässt? 
Manchmal kann das extrem schwer sein. Man sollte auf jeden Fall beobachten, ob der Verschreibungsrhythmus zum Therapieschema passt. Sollte das Intervall zu lang sein, dann würde ich einmal nachfragen. Auch hier wichtig: ohne erhobenen Zeigefinger. Ich habe gute Erfahrung damit gemacht, die Wahrheit eher etwas spielerisch „herauszukitzeln“. Ich formuliere keine Vorwürfe, sondern sage eher: „Mich wundert es ein bisschen, dass Sie länger kein Rezept abgeholt haben.“ Manche sagen dann, sie hätten es sich in der Hausarztpraxis verschreiben lassen – das ist aber bei recht teuren Medikamenten eher unwahrscheinlich. Das hinterfrage ich dann vorsichtig. Manchmal erkennen wir auch, dass eine gewisse Krankheitsaktivität wiedergekommen ist. Dann würde ich aber niemals den Patienten oder die Patientin bedrängen, sondern eher betonen: „Bitte halten Sie sich unbedingt an die Therapie. Entzündung gehört nicht in den Körper und wir wollen nicht, dass die Beschwerden wiederkommen und die Entzündungen weiterschwelen. Sie haben einen so tollen Punkt erreicht – setzen Sie das nicht aufs Spiel.“  

Mir ist es ganz wichtig, meine Patientinnen und Patienten niemals in die Situation zu bringen, dass es ihnen unangenehm sein muss. Bei manchen müssen wir schon etwas strenger sein, aber niemals vorwurfsvoll. Ich kann nur das Vertrauen der Menschen behalten, zumindest ist es meine Erfahrung, wenn ich sie nicht in die Enge treibe. Wenn ich signalisiere, „ich bin auf Ihrer Seite“ dann öffnen sich die Betroffenen auch das eine oder andere Mal und sagen: „Na ja, ich habe das mal versucht wegzulassen“ oder „ich wollte das nicht mit in den Urlaub nehmen“ oder ähnliches. Dann haben wir eine gute Grundlage zu besprechen, wie sich damit umgehen lässt.   
Bestimmt ist es nicht immer leicht, eine mangelnde Adhärenz zu tolerieren und nicht als persönlichen Affront zu verstehen. Wie machen Sie das?  
Ich überlege immer für mich, wie ich als Patientin gerne behandelt werden würde. Das ist etwas, was mir persönlich wichtig ist. Wenn jemand etwas nicht möchte, aus welchen Gründen auch immer, vielleicht aus Angst oder Misstrauen oder ähnlichem, dann sehe ich es als meine Aufgabe an zu fragen: „Was kann ich besser machen, dass der Patient oder die Patientin mit einem guten Gefühl daran geht?“ Jeder und jede Einzelne entscheidet für sich. Ich habe einen Chef, der hat einmal zu einem Patienten gesagt: „Ich habe nicht Ihre Krankheit und ich habe nicht Ihre Schmerzen.“ Das genau ist der Punkt. 
Wenn trotz aller Beratung Betroffene gerne weniger oder andere Medikamente einnehmen möchten oder mit der Einnahme nicht klarkommen – was empfehlen Sie ihnen?  
Ich kann mit guten Argumenten begründen, warum eine Therapie und Adhärenz wichtig sind, aber am Ende des Tages entscheidet die Patientin bzw. der Patient für sich. Das würden Sie auch wollen! Natürlich muss es ärztlich abgeklärt sein. 

Wir müssen die Wünsche der Menschen ernst nehmen, denn sie müssen damit leben. Es steht uns nicht zu, das zu verurteilen. Bei uns in der Praxis schauen wir dann gemeinsam mit dem Arzt, welche Lösung es geben kann und glücklicherweise hat man meistens eine Alternative.  

Vielleicht kann es für jemanden sogar – nicht medizinisch, aber mental – eine gute Erfahrung sein, die Behandlung zu unterbrechen oder zu pausieren. Natürlich muss das ärztlich abgeklärt sein. Ich weiß zwar, dass er mit großer Sicherheit einige Zeit später wieder vor mir sitzen und sagen wird, es hat nicht funktioniert. Dann hat er aber die Erfahrung selbst gemacht und kann die Therapie eventuell besser annehmen. Wichtig ist auch hier, nicht den Zeigefinger zu erheben und zu sagen: Habe ich es nicht gesagt?

Uns in der Praxis ist es lieber, wir bekommen mit, wenn jemand die Therapie absetzt, und wir machen auch die Tür für die Patientin oder den Patienten nicht zu. Wir sagen immer: „Wenn Sie das Gefühl haben, es funktioniert doch nicht, bitte melden Sie sich und dann sehen wir uns zügig wieder und finden einen Weg.“ 
Welches sind Ihre wichtigsten „Do’s and Dont’s“ für ein vertrauensvolles Gespräch mit Patientinnen und Patienten?  
Ganz wichtig ist für mich, den Menschen auf Augenhöhe und wertschätzend zu begegnen. Ich möchte ihnen das Gefühl geben, dass sie und ihre Sorgen ernst genommen werden und die Entscheidungen für das Vorgehen letztlich bei ihnen liegen. Was nicht sein sollte: Ich darf nicht vorwurfsvoll sein, nicht wertend oder anmaßend sein, niemanden nicht in die Enge treiben und keine Vorschriften machen. Jeder und jede sollte so behandelt werden, wie ich auch behandelt werden möchte. Wenn jemand aus unserem Termin geht, dann soll das mit einem guten Gefühl sein!  
Vielen Dank für das Gespräch! 
Hat Ihnen der Einblick in die Praxis gefallen und haben Sie Anregungen für weitere Themen? Dann schreiben Sie uns unter info@forum-rheumanum.de. Lassen Sie uns gemeinsam weiter daran arbeiten, Menschen mit Rheuma bestmöglich zu begleiten. Wir haben ein großes Potenzial und können viel dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten gut versorgt werden.
Ihre
Ulrike Erstling (1. Vorsitzende)
Patricia Steffens-Korbanka (2. Vorsitzende)
Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e. V.
E-Mail: info@forum-rheumanum.de
www.forum-rheumanum.de
Bildhinweise: © istockphoto.com/dragana991; © Patricia Steffens-Korbanka; © Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V.

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