Lilly LETTER #4 2024Lilly

 INFEKTANFÄLLIGKEIT BEI 

 RHEUMA 

COVID, Grippe, 
RSV: Was schützt?

Die Gefahr, an COVID, Grippe oder RSV (respiratorisches Syntytial-Virus) zu erkranken, hängt für Menschen mit Rheuma davon ab, wie gut die Rheumaerkrankung eingestellt ist, so PD Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel aus Münster. Auch der Verlauf einer solchen Infektion kann schwerer ausfallen, wenn die rheumatische Erkrankung nicht gut eingestellt ist. Impfungen können vor kritischen Verläufen und zudem auch vor Spätfolgen schützen. Das Thema ist nicht nur in der Erkältungszeit top aktuell und sollte trotz straffen Zeitplans und Fokus auf die Rheumaerkrankung fester Bestandteil von Gesprächen mit Patientinnen und Patienten sein. 
Menschen mit chronischen Erkrankungen, die – wie bei Rheuma – das Immunystem betreffen, machen sich in der Erkältungszeit Sorgen, dass sie anfälliger für Infektionen sind. Sind diese Sorgen berechtigt?  

PD Dr. Hasseli-Fräbel: Einige unserer Patientinnen und Patienten nehmen an, dass ihre Rheumamedikamente, die das Immunsystem „unterdrücken“ sollen, sie anfälliger für Infektionen wie COVID, Grippe oder RSV machen. Aber das stimmt so nicht. Die Rheumamedikamente dämpfen die überschießenden Reaktionen des Immunsystems ab und senken sie auf ein weitgehend normales Maß. Wichtiger und quasi das A und O ist es, die Rheumaerkrankung gut im Griff zu haben und stabil eingestellt zu sein. Wer seine Rheumamedikamente regelmäßig nimmt, schützt sich bestmöglich vor schweren Krankheitsverläufen. Eine Ausnahme allerdings ist Kortison. Kortison kann den Verlauf schwerer Virusinfektionen maßgeblich verschlimmern, denn es hemmt die Aktivität von Immunzellen wie T-Zellen oder  Makrophagen und dämpft die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe. Das kann bei Autoimmunerkrankungen oder überschießenden Entzündungsreaktionen hilfreich sein – aber bei Virusinfektionen schwächt es die körpereigene Abwehr. Deswegen ist es wichtig, die Rheumaerkrankung mit kortisonfreien DMARDs bestmöglich einzustellen und Kortison nur so gering wie nötig einzusetzen.
Über die Autorin
 
Frau PD Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel ist stellvertretende Leiterin der Sektion Rheumatologie und klinische Immunologie am Universitätsklinikum Münster. Sie hat während der Corona-Pandemie in Deutschland das inzwischen weltweit größte Register zum Thema COVID-19 und Rheuma mit aufgebaut. Für die Arbeiten am Register wurde die Expertin mit wissenschaftlichen Preisen ausgezeichnet.

Es wird immer wieder ein Zusammenhang zwischen Rheuma und Infektionskrankheiten diskutiert. Was ist denn hier der aktuelle Stand der Forschung?  

PD Dr. Hasseli-Fräbel: Bei Rheuma handelt es sich um ein Potpourri von Erkrankungen, die das Immunsystem unterschiedlich beeinflussen. Es wird bereits seit Jahrzehnten ein möglicher Zusammenhang zwischen Infektionserkrankungen wie Grippe, RSV oder zuletzt auch COVID und Rheuma vermutet.1-3 Die Idee dahinter ist, dass das Immunsystem gegen die Erreger einen Abwehrmechanismus entwickelt, der sich aufgrund der Ähnlichkeit von Oberflächenstrukturen dann auch gegen den eigenen Körper wendet. Diese Theorie konnte aber bislang weder bestätigt noch widerlegt werden. Diskutiert wird auch, dass verschiedene Medikamente Einfluss auf das Entzündungsgeschehen und Infektionen nehmen können. In der Anfangsphase der Pandemie konnten bei Personen, die bestimmte Medikamente wie beispielsweise TNF-a-Blocker erhielten, deutlich bessere COVID-Verläufe beobachtet werden als bei Personen, die beispielsweise Rituximab bekamen. Aber das hat sich schon während der Pandemie geändert. Seitdem das Coronavirus zu weniger gefährlichen Formen mutierte und durch den Einsatz von wirksamen Impfungen, gab es durch die Medikamente keinen erkennbaren Einfluss mehr auf den Verlauf – sofern die Personen einen ausreichenden Impfschutz aufgewiesen haben. 
Und was raten Sie in Bezug auf Impfungen gegen COVID, Grippe und RSV?  

PD Dr. Hasseli-Fräbel: Impfungen sind ein ganz wichtiger Punkt für alle Menschen mit Rheuma. Infektionen können bei diesen Personen andere Beschwerden und Untersuchungsergebnisse hervorbringen, als bei Menschen ohne Rheumaerkrankung. Somit kann es sein, dass Infektionen zu spät erkannt werden. Der beste Schutz vor Infektionen und schweren Verläufen einer Infektion ist die Prävention – sprich den Infektionen vorzubeugen. Ich empfehle die jährlichen Impfungen gegen COVID und Grippe. Zudem kann man sich nun auch gegen RSV impfen lassen. Die Bucoss-Studie hat gezeigt, dass RSV-Infektionen der dritthäufigste Grund sind, wegen der Menschen über 60 Jahre mit einer Erkrankung der Atemwege einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.4 Zu dieser Altersgruppe gehören auch viele Rheumaerkrankte. Die RSV-Impfung wird derzeit einmalig empfohlen. Ob eine Auffrischung wie bei den Impfungen gegen COVID oder Grippe nötig ist, wird sich noch zeigen. Die Impfungen senken nicht nur das Risiko für schwere Verläufe, sondern schützen auch vor schweren Infektionsfolgen, wie das höhere Risiko eines Herzinfarkts nach einer Infektion oder Lungenerkrankungen, beispielsweise schweren COPD-Exazerbationen.  

Die Impfungen gegen COVID und Influenza können bei allen Erwachsenen mit relevanten Erkrankungen eingesetzt werden, hierzu zählen auch Rheumaerkrankungen. Die RSV-Impfung wird bei Personen ab 60 Jahren mit Rheumaerkrankung unter Rheumatherapie empfohlen. Derzeit stehen in Deutschland drei verschiedene Impfstoffe zur Verfügung. Außerdem sollten sich Menschen mit Rheuma gegen Pneumokokken impfen lassen.5 Diese wird auch bei Personen ab 18 Jahren mit relevanten Grunderkrankungen empfohlen. Mit der Aktualisierung der Pneumokokken-Impfempfehlung wurde das Impfschema deutlich vereinfacht. Es erfolgt eine einmalige Impfung mit dem PCV20-Impfstoff. Eine Auffrischungsipfung wird derzeit noch nicht routinemäßig vorgegeben.5 
In letzter Zeit lässt sich eine gewisse Impfmüdigkeit feststellen. Wie sprechen Sie das Thema in der Praxis an? Wie überzeugen Sie?    

PD Dr. Hasseli-Fräbel: Wer so wie ich und viele andere im Gesundheitswesen die Corona-Pandemie in den Praxen und Kliniken erlebt hat, der kann gar nicht anders, als die Impfungen mit sehr viel Überzeugung zu empfehlen. Ich gebe zu, dass während der Pandemie nicht alles perfekt gelaufen ist. Aber wir wussten manches nicht besser und mussten es erst lernen, da es keine Vorerfahrungen mit einer solchen Pandemie gab. Aber was wir mitnehmen können: Impfungen sind wirklich ein Segen.  

Ich nehme mir für dieses Thema viel Zeit und erkläre den Wert von Impfungen. Natürlich muss man auch über mögliche Nebenwirkungen aufklären und Ängste ernst nehmen, aber die Nutzen-Risiko-Abwägung spricht klar für Impfungen. Und das ist nicht nur für Rheumaerkrankte wichtig, sondern auch für uns als Gesellschaft. Durch die Impfung können wir viele schwere Verläufe verhindern und dadurch Ressourcen im Gesundheitssystem freisetzen. Impfungen reduzieren auch das Risiko für mögliche Folgen wie beispielsweise Long-COVID. Zudem können die Impfungen auch gleichzeitig gegeben werden wie beispielsweise bei der Impfung gegen Grippe und COVID. Somit fällt der zeitliche Aufwand sowohl für die Patientinnen und Patienten als auch für das medizinische Personal geringer aus.  
Welche weiteren Tipps kann die rheumatlogische Fachassistenz (RFA) von Ihnen erhalten, die sie an die Patientinnen und Patienten weitergeben kann?     

PD Dr. Hasseli-Fräbel: In der typischen Grippe-Saison und Erkältungszeit, zwischen Oktober und März, kann es gar nicht oft genug gesagt werden,  wie wichtig Impfungen sind und dass z. B. auch anfällige Personen Menschenmassen besser meiden sollten. Die Händedesinfektion und Hygienemaßnahmen sind ebenso wichtige Themen, die besprochen werden sollten. Außerdem können Masken sehr hilfreich sein, wenn es um unvermeidbare Kontakte geht, zum Beispiel auf Reisen mit der Bahn oder im Flugzeug.  

Ein weiterer bedeutsamer Aspekt ist das „Ruhighalten“ der Rheumaerkrankung. Als wichtiger Player in der Adhärenz kann die RFA einiges dazu beitragen, dass die verordneten Medikamente regelmäßig eingenommen werden. Das hilft, Schübe zu vermeiden, so dass möglichst wenig Kortison eingesetzt werden muss. Und Kortison kann sich wie eingangs schon gesagt negativ auf die Infektionsverläufe auswirken. Der vertrauensvolle Umgang der RFA mit den Patientinnen und Patienten kann hier maßgeblich dazu beitragen, sowohl die Therapieadhärenz als auch die „Impf-Willigkeit“ zu fördern. Somit können die Patientinnen und Patienten auf verschiedene Wege abgeholt werden. 
Wie steht es mit Lifestyle-Tipps zu Bewegung und Ernährung?     

PD Dr. Hasseli-Fräbel: Regelmäßige Bewegung sorgt dafür, dass Herz-Lunge-Kreislauf in Schwung kommen und die Muskulatur gekräftigt wird. Beides schützt vor schweren Infektionsverläufen. Es liegen eine Vielzahl an Untersuchungen vor, die zeigen, dass der Verlauf von Infektionen bei sportlichen Menschen weniger schwer ausfällt.6 

Das Thema Ernährung ist noch einmal eine ganz eigene wichtige Domäne. Einer der zentralen Aspekte meiner Meinung nach ist, hochverarbeitete Lebensmittel möglichst zu meiden. Sie durchlaufen viele Verarbeitungsschritte, haben viele Zutaten und Zusatzstoffe, die mit echter Nahrung kaum noch etwas zu tun haben. Zudem haben Fertigprodukte oft einen hohen Zucker- , Fett- sowie Salzgehalt. Das alles kann sich sowohl negativ auf das Körpergewicht als auch auf die Rheumaerkrankung auswirken. Wer selber kocht, weiß, was in der Nahrung drin steckt und kann sich dadurch auch abwechslungsreicher ernähren. Im Alltag können einfache Rezepte genutzt werden. Aus diesem Grund gehört es dazu, dass auch die Themen Ernährung und Bewegung in die Gespräche mit den Betroffenen aufgenommen werden. Nur so kann die Rheumaerkrankung im Ganzen erfasst und neben der medikamentösen Therapie bestmöglich behandelt werden.  


Frau PD Dr. Hasseli-Fräbel, wir danken Ihnen für dieses interessante Gespräch!   
Hinweise & Quellen:
  1. Unger, M., Winkler, S. Infektionen und Rheuma. rheuma plus 13, 13–16 (2014). https://doi.org/10.1007/s12688-013-0090-4
  2. Herold, M. Rheuma nach COVID-19-Infektion oder Impfung. J. Miner. Stoffwechs. Muskuloskelet. Erkrank. 30, 12–16 (2023). https://doi.org/10.1007/s41970-023-00220-5
  3. Miltner, D., Berger, C.T. RSV in der Rheumatologie: Klinische Relevanz und neue Impfstoffe. Rheuma Plus / Schweiz (2025). https://doi.org/10.1007/s44332-025-00064-x
  4. Julius C, Reeves R, Eberhardt F, et al. RSV and other respiratory viruses in older adults with ARI in the outpatient setting in Germany in the 2022/23 season. ESWI Poster Abstract. 2023
  5. Tobudic, S. Impfempfehlungen bei Immunsupprimierten. rheuma plus 24, 148–156 (2025). https://doi.org/10.1007/s12688-024-00789-x
  6. Chastin S et al. Effects of Regular Physical Activity on the Immune System, Vaccination and Risk of Community-Acquired Infectious Disease in the General Population: Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Med. 2021 Aug;51(8):1673-1686.

RSV: Respiratorisches-Synzytial-Virus-Infektion
DMARDs: Disease-Modifying Antirheumatic Drugs

Bildhinweise: © istockphoto.com/PIKSEL; © Expertinnenfoto: PD Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel

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