Menschen, die an Rheuma erkranken, möchten zusätzlich zur Einnahme von Medikamenten oft gerne etwas tun, um die Erkrankung positiv zu beeinflussen. Sie fragen häufig bei Ihnen als Rheumatologische Fachassistenz bzw. Medizinische Fachangestellte (nachfolgend RFA genannt) nach. Da ist es gut, stets aktuelle Tipps parat zu haben. Gerade im Bereich der Ernährung hätten Betroffene viel selbst in der Hand, berichtete die Rheumatologin Prof. Dr. Monika Reuß-Borst im Rahmen einer Lilly-Veranstaltung in Bad Homburg. Ihr Rat: Eine Strategie in kleinen Schritten führt am besten und dauerhaft zum Erfolg. | |
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Bei der Erkrankung Gicht ist es schon lange bekannt: Die Beschwerden an den Gelenken haben eindeutig etwas mit der Ernährung zu tun. Bei anderen rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis (RA) war dies bis vor einigen Jahren noch nicht so deutlich. Zwar gab es Vermutungen, dass eine Ernährung, die durch einen hohen Gehalt an Energie, wenig Ballaststoffe und Gemüse, dafür aber viel Fleisch geprägt ist, ungünstig sein kann. Welchen Einfluss sie aber hat, darüber gibt es erst jetzt gute Erkenntnisse.
Überernährung und Bewegungsmangel als Auslöser
Diese Ernährung ist typisch für viele westliche Länder, darunter auch Deutschland. Sie ist reich an Kohlenhydraten und Fetten. Hinzu kommt eine zunehmende Bewegungsarmut. Der Energieverbrauch bei der Arbeit und in der Freizeit hat im Vergleich zu früher stark abgenommen. Gemeinsam führt dies oft zu Adipositas. Doch was hat Adipositas nun mit den rheumatischen Erkrankungen wie RA zu tun? | |
So löst Übergewicht Rheuma-Beschwerden aus
Ein Zuviel an Körpergewicht kann zu einem erhöhten Blutspiegel an CRP, dem C-reaktiven Protein, führen – ein Marker für Entzündungen. Das viszerale Fettgewebe ist sehr stoffwechselaktiv und führt letztendlich zu einer durch Entzündungsreaktionen geprägten Stoffwechsellage. Daher empfiehlt Prof. Dr. Monika Reuß-Borst: „Eine Gewichtsreduktion ist eine wichtige, nicht-pharmakologische Maßnahme zur Besserung der Krankheitsaktivität.“
Darüber hinaus spielt das Mikrobiom im Darm, der Begriff für das Miteinander von Bakterien, Pilzen, Viren & Co., eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Barriere zwischen Außenwelt und Körper. Solange gute und schlechte Darmkeime sich die Waage halten, bleiben das Klima im Darm und die Darmfunktion intakt. Ist das Gleichgewicht gestört, kann das zu einer Dysfunktion der Darmbarriere führen. Die Durchlässigkeit des schützenden Darm-Schleimes (Mukus) wird gefördert und auch die Darmschleimhaut selbst kann durchlässig werden. Als größtes immunologisches Organ kann der Darm herausgefordert und zur Zytokin-Ausschüttung angeregt werden. Auch hierdurch nehmen entzündliche Reaktionen Fahrt auf.
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Was hilft gegen die Entzündungsspirale?
Aus dem Zusammenhang zwischen der Ernährung und der Entstehung von Entzündungsmediatoren wird klar: Es geht darum, weniger Energie aufzunehmen und gleichzeitig die Darmbalance zu fördern. Weniger Energie hilft dabei, das Körpergewicht zu reduzieren und die Aktivität des stoffwechselaktiven viszeralen Fettgewebes einzudämmen. Nährstoffe für das Darm-Mikrobiom und damit ein Plus für den Darm sind wertvolle Ballaststoffe – es werden 30 g täglich empfohlen.1 Als Füllstoffe regen sie die Darmbewegung an, werden dabei aber selbst nur zu geringen Teilen verdaut. Bakterien zerkleinern einige der Stoffe im Dickdarm und bauen sie ab zu kurzkettigen Fettsäuren, die eine entzündungshemmende Wirkung haben. Ballaststoffe können demnach dazu beitragen, dass die schützende Mukus-Schicht wächst und auch die Darmschleimhaut intakt bleibt. Und ist der Darm gesund und das Mikrobiom im Gleichgewicht, unterstützt das den Körper beim Umgang mit Enzündungsreaktionen.
Dabei sind wasserlösliche Ballaststoffe (Inulin, Pektin), wie sie in Gemüse, Obst und Hülsenfrüchten vorkommen, von den Darmmikroben besser zu verwerten. Und als erfreulicher „Nebeneffekt“ erhöhen sie die Verweildauer des Speisebreis im Magen und sättigen dadurch länger. Das hilft auch beim Gewichthalten. | |
Mediterrane Diät als Vorbild
Als Vorbild für eine energiebewusste und ballaststoffreiche Ernährung kann die sogenannte Mediterrane Diät angesehen werden. Typisches Kennzeichen ist der hohe Gehalt an Gemüse und Obst, fettigem Kaltwasserfisch, aber einem geringen Anteil an Fleisch und Wurst. Die Nahrung enthält viele Omega-3-Fettsäuren anstelle von Arachidonsäure, die viel in Fleisch vorkommt und entzündungsfördernd wirkt. Damit wird klar: Mediterran heißt nicht Pizza und Pasta, sondern Fischrisotto und Ratatouille. Wer keine Tomaten, Auberginen und Zucchini mag, kann auch auf nordische Varianten wie Kohl, Wurzelgemüse, Äpfel und Beeren ausweichen. Das Olivenöl lässt sich auch gut durch Raps- oder Leinöl ersetzen. Die Mediterrane Diät hat nachweislich anti-inflammatorische Effekte.2 Mit ihr können Glukose- und Insulin-Spitzen vermieden werden und sie wirkt sich positiv auf die Blutfette und den Harnsäurespiegel aus. Wie sich die Kerninhalte der Diät leicht und anschaulich an Patientinnen und Patienten vermitteln lassen? Prof. Dr. Monika Reuß-Borst rät: „Eine einfache Faustregel lautet: Doppelt so viel Gemüse und die Hälfte an Sättigungsbeilagen wie früher.“ | |
Alles beginnt mit einem ersten Schritt…
Oft werden Sie als RFA auch nach Ihrer Meinung zum Heilfasten oder intermittierenden Fasten befragt. In Bezug auf die Gewichtsabnahme sind alle Fastenarten, ob intermittierend oder eine dauerhafte kalorische Restriktion, gleichsam erfolgreich. Der Vorteil am Heilfasten ist ein metabolischer Switch, eine Veränderung der Stoffwechsellage und somit oft ein guter Einstieg in die Lifestyle-Änderung.
Anzustreben ist eine langfristige Ernährungsumstellung hin zu einer mediterranen Ernährung mit viel Gemüse und Obst, mehr Ballaststoffen, weniger Energie. Viele Menschen tun sich leichter, wenn die Umstellung nicht radikal, sondern besser nach der Strategie der kleinen Schritte erfolgt. Bei jedem Gespräch einen „kleinen Happen“ mehr vermitteln, dann sind die Informationen leichter verdaulich. Wenn Sie darüber hinaus loben und motivieren sowie die Empfehlungen schlicht und verständlich halten, sind die Erfolgsaussichten umso höher.
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Service für Sie und Ihre Patientinnen und Patienten zum Download: Welche Lebensmittel enthalten die meisten Ballaststoffe?
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